SCIRT: Textilrecycling im Sinne der Kreislaufwirtschaft

SCIRT: Textilrecycling im Sinne der Kreislaufwirtschaft

Recycling von Alttextilien ist eines der größten ungelösten Probleme der Modeindustrie. Alte Hosen und Shirts landen oft in Altkleidercontainern oder im Restmüll – nur etwa ein Prozent werden zu neuen Kleidungsstücken verarbeitet. Das sollte sich ändern, so Dr. Andreas Bartl und Dipl.-Ing. Emanuel Boschmeier vom Institut für Verfahrenstechnik an der TU Wien.

Die Etablierung einer dauerhaften Kreislaufwirtschaft für Mode steht im Mittelpunkt des EU-Forschungsprojekts SCIRT (System Circularity & Innovative Recycling of Textiles). Gemeinsam mit 18 internationalen Partnern forschen Bartl und Boschmeier an der Entwicklung grüner Recyclingsysteme.

 

TUWac: Herr Dr. Bartl, Herr Dipl.-Ing. Boschmeier! Warum wurde SCIRT ins Leben gerufen?

Recycling von Alttextilen erfordert eine getrennte Sammlung, dies ist bereits in einigen europäischen Ländern üblich. Bislang erfolgt die Altkleidersammlung in der Regel auf freiwilliger Basis und wird durch den Verkauf in Second-Hand-Läden finanziert. Ab 2025 müssen Alttextilien aufgrund einer EU-Richtlinie getrennt gesammelt werden. Daher gilt es, bis dorthin ökonomisch und ökologisch sinnvolle Recyclingsysteme zu entwickeln.

 

Was macht das Recycling von Textilien so schwierig?

Die Modeindustrie produziert vorrangig Kleidungsstücke, die aus zwei oder mehreren Fasermaterialien bestehen. Die Kombination mehrerer Fasern verleiht den Stoffen einige Vorteile, wie etwa verbesserte Trageeigenschaften oder eine höhere Lebensdauer. Beim Recycling stellen Mischgewebe eine enorme Hürde da, weil diese nur schwer trennbar sind. Zudem enthalten viele Textilien bestimmte Farbstoffe, die mit dem Recyclingprozess nicht kompatibel sind.

 

Am EU-Projekt sind Partner aus fünf Ländern beteiligt – unter anderem auch Modeproduzent:innen. Wie wichtig ist dieser gemeinsame Diskurs für die Etablierung einer grünen Kreislaufwirtschaft?

Um eine dauerhafte und grüne Kreislaufwirtschaft für Textilien zu etablieren, ist es notwendig, alle relevanten Akteure entlang der Wertschöpfungskette an den Tisch zu holen und miteinzubeziehen. Gemeinsam mit unseren Partnern aus der Modeindustrie ermitteln wir, welche Bedürfnisse der Markt hat und welche Kriterien spezifische Textilien erfüllen müssen, damit sie recyclingfähig sind. Bis 2025 werden rechtliche und politische Rahmenbedingungen definiert, die auch dafür sorgen sollen, dass bestimmte Mischgewebe nicht mehr produziert werden.

 

Welche Ziele verfolgen Sie mit SCIRT?

Mit dem Projekt SCIRT soll eine Grundlage für ein zirkuläres Fashionsystem geschaffen werden: Die Rohmaterialien der gebrauchten Kleidungsstücke werden in den Textilzyklus wieder eingebracht und daraus neue Textilien hergestellt. Um das zu ermöglichen, forschen wir am Institut für Verfahrenstechnik unter anderem an umweltfreundlichen Verfahren zur Wiederaufbereitung von Mischtextilien, wie etwa Polyester und Baumwolle.

 

Wie dürfen sich unsere Leser:innen diesen Wiederaufbereitungs-Prozess vorstellen?

Um Fasern aus den Mischtextilien in einen weiteren Produktlebenszyklus zuführen zu können, müssen Polyester und Baumwolle voneinander getrennt werden. Das gelingt durch den Einsatz von Cellulasen. Das sind Enzyme, gewonnen aus Pilzbakterien, die Cellulose aus der Baumwolle in kleinste Moleküle spalten. Dadurch wird Baumwolle in Zucker umgewandelt und kann in der chemischen Industrie weiterverarbeitet werden. Was davon übrig bleibt, sind die Polyesterfasern, welche eingeschmolzen und zu Granulat verarbeitet werden. Dieses Granulat dient als Basis für weitere Faserproduktionen.

 

Wie geht es nun für SCIRT weiter?

Zurzeit leitet die TU Wien unter den Projektpartnern eine Umfrage zu dem Thema, wie nachhaltige Textilien auf dem Markt gefördert werden können. Bis zum Ende des Projekts sollen daraus rechtliche und politische Rahmenbedingungen definiert werden.

 

Dr. Andreas Bartl ist Wissenschaftler aus der Forschungsgruppe Partikeltechnologie, Recyclingtechnologie und Technikbewertung und forscht gemeinsam mit Dipl.-Ing. Emanuel Boschmeier und Dipl.-Ing. Wolfgang Ipsmiller am EU-Projekt SCIRT.

Die Koordination liegt bei der flämischen Forschungseinrichtung VITO, die in dem Bereich Cleantech und nachhaltige Entwicklung beheimatet ist. Gefördert wird das Projekt durch Horizon 2020 über die Dauer von drei Jahren.

 


Nähere Infos zum Projekt: SCIRT

Sandra Spicker