Alfred Preis – regionaler Modernist und Renaissance Man

Alfred Preis – regionaler Modernist und Renaissance Man

Während der Recherchen zur Ausstellung “Resident Alien: Austrian Architects in America” im Österreichischen Kulturforum New York im Herbst 2019 entdeckte das Kuratorenteam DI Axel Schmitzberger und Stephen Phillips, dass das Werk des hawaiianisch-österreichischen Architekten Alfred Preis nahezu undokumentiert ist. Der Ausbruch der Pandemie ein Jahr später bot DI Schmitzberger Gelegenheit in seiner Pandemieresidenz in Hawaii die Forschung über den jüdischen Exilarchitekten und Modernen wiederaufzunehmen. Das Resultat, die Architektur und bemerkenswerte Lebensgeschichte des Wiener Exilarchitekten Alfred Preis (11.2.1911 – 29.3.1994), ist nun 2022 zum erstenmal öffentlich und ausserhalb von Hawaii zu sehen.

Alfred Preis wurde 1911 in Wien in einen jüdischen Arbeiterhaushalt geboren und wuchs in Wien in der ereignisvollen Zwischenkriegszeit auf. Er entdeckte früh seine Vorliebe für Oper und die Wiener Kunstszene. Als Opernklatscher bereiste der jugendliche Preis Europa und bekam letztendlich 1932 Student der Architektur an der Technischen Hochschule (heute TU Wien). Dort wandte er sich als aufmerksamer Student bald der modernen Theorie zu und verfolgte gewissenhaft die Arbeiten von Adolf Loos und Josef Frank, nachweisbar durch einige wiederentdeckte Studienarbeiten. Nach dem Anschluss Österreichs im März 1938 konnte Alfred Preis trotz seines jüdischen Status das Studium im Mai 1938 abschliessen, fand aber, dass die zunehmend feindselige Haltung in Österreich für ihn zunehmend bedrohlich wurde. Letztendlich verließ er im April 1939 mit seiner Frau Janina Wernikowska Wien und floh via Cherbourg auf der Queen Mary nach New York. Von dort gelang es dem jungen Paar mit viel Glück eine günstige Passage auf einem Frachtschiff über den Panamakanal nach Hawaii zu bekommen, wo Preis ein Stellenangebot bei den Architekten Dahl & Conrad hatte. Das Paar erreichte nach monatelanger Reise schliesslich O‘ahu am 22. Juni 1939.

Das damalige US Territorium Hawaii war ein fremdartiges, tropisches Paradies im wirtschaftlichen Umschwung und Preis übernahm nach ursprünglichen Anpassungsschwierigkeiten bald eine Führungsrolle in dem Architektenbüro, das ihn im Frühjahr 1941 zum Partner ernannte. Seine Karriereträume endeten jedoch auch hier schon bald wieder: Im Dezember 1941, kurz nach dem Angriff auf Pearl Harbor, wurde Preis mit anderen deutschsprachigen Europäern, Italienern und Japanern als Enemy Alien interniert. Die zivile Wirtschaft und Architektur kamen zum Stillstand.

Nach seiner Entlassung 1942 begann Preis jedoch mit ungebremstem Optimismus eine neue Karriere. Durch unmermüdlichen Aktivismus und oft in Kollaboration mit vielen jungen, arbeitshungrigen Architekten (Vladimir Ossipoff, Allen Johnson, Thomas Perkins, Philip Fisk) gelang es ihm einige wichtige Schul-und Wohnungsbauten zu entwickeln und errichten, welche die Nachkriegszeitmoderne in Hawaii kritisch beeinflussten. Als praktizierender Architekt baute Preis zwischen 1943 und 1963 knapp 160 Residenzen hauptsächlich für Bauherren aus dem Mittelstand und einge wesentliche öffentliche Bauten, unter anderem die First United Methodist Church in Honolulu 1953, ILWU Memorial Hall in Honolulu 1952, den Honolulu Zoo Eingang in 1963 und – sein bekanntestes Werk – das USS Arizona Memorial at Pearl Harbor, an dem er unermüdlich von 1944 bis 1962 arbeitete.

1963 wurde er schließlich von Gouverneur Burns zum State Planning Coordinator im jungen Bundesstaat Hawaii ernannt und kurz darauf übernahm er die Führung der von ihm neu geschaffenen State Foundation on Culture and the Arts (HSFCA), wodurch er kurzerhand zum bedeutendsten öffentlichen Kulturadvokaten Hawaiis wurde. Mit der HSFCA schuf er auch das international adaptierte 1% law, ein Gesetz, das junge Künstler mittels staatlicher Unterstützung aus öffentlichen Baugeldern fördert.

Nach fast 45 Jahren unerschöpflicher Bestrebungen und Arbeit zog sich Preis 1983 aus dem öffentlichen Leben zurück und verstarb im März 1994 im Alter von 83 Jahren.

Seine Architektur zeigt deutliche Spuren aus seiner Wiener Architekturerziehung. Dass ein Großteil seiner Bauten den hawaiianischen, inselbedingten Limitationen an Grundstücksfläche und dem aggressiven tropischen Klima zum Opfer fielen, konnte seiner Bedeutung als Architekt keinen Abbruch tun. Die Formgebung der wenigen verbleibenden Bauten kommt zumeist durch eine tektonische Ästhetik zum Ausdruck, die zusammen mit einer kräftigen Farbpalette sowohl Raum als auch Materialplan repräsentiert. Preis entwarf oft Pläne mit Verschiebungen aus der Orthographie, um räumliche Dynamiken hervorzuheben, die auch Bereiche zwischen Innen- und Außenraum neu definierten. Der daraus resultierende regionale Modernismus, die bewusste Haltung, soziale und lokale Bedingungen und nicht nur Architekturform in den Vordergrund zu stellen, beeinflusst die Arbeiten seiner Kollegen und Nachfolger bis heute.

Die Ausstellung und Publikation “Alfred Preis Displaced – The Tropical Modernism of the Austrian Emigre and Architect of the USS Arizona Memorial” zeigt zum ersten Mal international eine Übersicht des Werks und Lebens von Alfred Preis. Die Schau wurde von DI Axel Schmitzberger, TU Alumnus, Professor der Architektur an der California State Polytechnic University, Pomona, und selbst erfolgreicher Architekt mit meheren Auszeichnungen, mit Unterstützung der Familie Preis und Historikerin Laura McGuire zusammengestellt und enthält Beiträge von August Sarnitz, Christopher Long und Stephen Phillips. Mit dieser Werkschau versucht der Kurator die radikale kulturelle Verschiebung, architektonische Referenzen und Motivation von Alfred Preis im Kontext zu dokumentieren. Die Wanderausstellung war bereits in New York, Honolulu und Pearl Harbor zu sehen und sucht nun ein Quartier in Wien.